Wird Fifa 23 das letzte Fifa? Der Lizenzstreit von EA

Fifa 23

Seit einigen Monaten verhandeln der kalifornische Spielehrsteller Eletcronic Arts, der Fifa 22 herausgibt, über die Fortführung der Lizenz. Schon im Oktober 2021 wurde berichtet, die Zusammenarbeit könnte enden, das Spiel in “EA Sports FC ” umbenannt werden – die Namensrechte dafür hat sich EA schon gesichert. Was bedeutet das? Worum geht es?

Zunächst einmal die Ausgangslage: Der Weltfußballverband Fifa verkauft seit 30 Jahren die Namensrechte “Fifa” an EA – dabei geht es um den Titel des Spiels. Direkt damit verknüpft sind zudem die Lizenzen für die Nationalmannschaften und die Weltmeisterschaften, die im Spiel integriert sind. Die Lizenzkosten sind enorm – bislang zahlte EA eine Milliarde Dollar pro Jahr, nach Berichten fordert die Fifa nun mehr als das Doppelte, 2,5 Milliarden Euro.

Worüber wird verhandelt?

Wichtig: Für die Vereine und Ligen gibt es eigene Verträge zwischen EA und den Clubs, Spielern oder Organisationen. Sie wären von dem Deal nicht beteiligt. Die Verhandlungen mit der Fifa sind zäh, und EA hat immer wieder durchblicken lassen, dass man auch ohne den Namen “Fifa” das Spiel herausgeben könnte. Der Fußballverband hat hingegen angedeutet, auch mit “mehreren anderen Partnern” zusammenarbeiten zu können – und die Lizenz anderweitig zu verkaufen.

Der Fifa-Experte Sven Kura von der Fifa Karrierehilfe hat dazu jetzt neue Informationen erhalten. Er berichtet – wie auch das Online-Spielemagazin 4Playerts – von einem “Internal Company Meeting” – aus dieser internen Firmenversammlungen berichten Teilnehmer über bemerkenswerte Aussagen von Andrew Wilson, dem Vorstandschef von EA. 

So deutet er ziemlich klar eine Zukunft ohne Fifa an. “Ich würde sagen – und das mag ein wenig voreingenommen sein – dass die Marke FIFA als Videospiel mehr Bedeutung hat, als der Dachverband des Fußballs”, sagt er etwa. Und weiter: “Was wir von der FIFA in einem Nicht-WM-Jahr bekommen, sind im Grunde nur vier Buchstaben auf der Vorderseite des Covers. In einer Welt, in der die meisten Spieler die Cover nicht einmal mehr sehen, weil sie das Spiel digital kaufen.”

Die Fifa-Lizenz ist teuer – und schränkt das Spiel ein

Mit anderen Worten: in den Jahren ohne WM ist die Lizenz so teuer, dass EA mit seinem erfolgreichsten Spieletitel Verlust macht. “In einem WM-Jahr haben wir natürlich Zugang zur Weltmeisterschaft, aber im breiteren Kontext des globalen Fußballs auf Jahresbasis, ist die WM zwar wichtig, aber nicht das wichtigste”, erklärte er. EA habe 300 weitere Lizenzen die für die Clubs und Fußballspieler, mit denen sich die meisten Fifa-Spieler viel intensiver beschäftigte.

Daraus sei ein weiteres Problem erwachsen: Die Lizenz habe der Spielentwicklung starke Grenzen auferlegt – und die Weiterentwicklung des Spiels verhindert. Das ist eine bemerkenswerte Aussage – in Fankreisen gilt die fehlende Veränderungsbereitschaft vor allem im Karrieremodus als der größte Kritikpunkt.

Im Umkehrschluss könnte EA ohne den Titel “Fifa” wesentlich freier agieren und dem Spiel dringend nötige Innovationen versordnen. “Unsere Spieler sagen uns, dass sie mehr für sie relevante Marken ins Spiel eingebettet haben wollen”,  wird Wilson zitiert.

Einen Testbericht zu Fifa 22 lest ihr hier.

Neue Spielmodi wären möglich

Was meint er damit? Ein Kritikpunkt vieler Fans etwa an der Create-A-Club-Funktion sind fehlende Marken auf Trikos, etwa Nike. Die Fifa hat allerdings eine offizielle Partnerschaft mit Adidas – daher durften keine Nike-Elemente implementiert werden, meist auch keine anderen Marken außer Adidas.

“Unsere Spieler sagen uns, dass sie mehr Spielmodi und weitergehende Möglichkeiten als Elf gegen Elf  und andere Arten von Gameplay wollen”, so der EA-Chef. Es sei ein großer Kampf gewesen, die Fifa von den bisherigen Reformen zu überzeugen –  von dem Weltverband heiße es immer, die Lizenz decke nur die bisherigen Kategorien ab.

Er meint damit den Turniermodus, Volta sowie Pro Clubs. Vor allem hätten Veränderungen immer sehr lange gedauert, während die Fans schnelle Modifikationen gefordert hätten.

Und dann berichtet er noch von einem Treffen mit FIFA-Präsident Gianni Infantino, wo er den bemerkenswerten Satz gesagt haben soll: “Hören Sie, das Geld ist eine Sache. Wir wollen nicht mehr Geld bezahlen, als die FIFA-Lizenz Wert ist, aber darum geht es nicht. Es geht um unsere Fähigkeit, Spiele und Erlebnisse  anzubieten, die unsere Fans wollen!”

Wie würde Fifa ohne die Fifa aussehen?

Natürlich könnte hinter solchen durchgestochenen Äußerungen auch eine Strategie von EA stecken, um die Fifa unter Druck zu setzen. Allerdings klingt es schlüssig, was Wilson als Plan B umrissen haben soll: Neue Partner, mehr Spieltiefe, neue Spielmodi.

Die Zehn-Jahres-Lizenz mit der Fifa läuft nächstes Jahr aus – es könnte also sein, dass Fifa 23 das Letzte seiner Art ist – und danach EA Sports FC kommen könnte. Außerdem wurde bekannt, dass das Entwicklerstudio 2K reges Interesse hätte, in der Spielereihe mit einzusteigen.

Wie wahrscheinlich ist das Szenario? Für EA hätte das sicherlich auch Risiken, weil das Spiel Fifa eine der bekanntesten Marken im Computerspielmarkt ist und ein Namenswechsel immer riskant ist, weil Fans abspringen könnten. Der EA-Chef Andrew Wilson wird mit einem bemerkenswerten Satz zitiert: „Wir werden das durcharbeiten, wir werden es gut durchdenken und wir wollen gute Partner der FIFA sein, aber ich wäre nicht überrascht, wenn wir uns letztendlich in eine andere Richtung bewegen würden.”

Er endet mit einem klaren Statement: “Am Ende des Tages denke ich, dass das für unsere Spieler vielleicht sogar besser ist, als mit diesen vier Buchstaben auf der Schachtel fortzufahren.”

Sven Kura: Fifa 23 ist das letzte Fifa

Für den Fifa-Karrieremodus-Experten Sven Kura ist klar: “Nachdem Andrew Wilson nun einige Details ausgeplaudert hat, steht nun fest, dass Fifa 23 das letzte FIFA sein wird. Vorausgesetzt, EA und die FIFA können sich nicht einigen auf einen weiteren Vertrag.” Fifa 23 ist aber gesichert, und dazu wird man wohl mit zwei WM-Turnieren antreten können, eines für Männer und eines für Frauen. Ob als DLC nachgeliefert oder zum Start ist noch offen.

“Die WM wird mit allen lizenzierten 32 Teams vertreten sein. Auch die acht Stadien, in denen die WM ausgetragen wird, werden mit dabei sein”, schreibt Sven Kura. Es werde zusätzlich dazu auch das originale Overlay geben – und der Pokal wird auch original zu sehen sein.” Die Frauen-WM wird auch vollständig in das Spiel eingebunden. Die Frauen-WM wird in Australien und Neuseeland ausgetragen und wird von 24 auf 32 Teams erweitert.

Fazit und Bewertung

Wie muss man das einordnen? Einerseits hat EA sicher ein Interesse, Zweifel zu wecken am Wert der Lizenz  – und will den Preis drücken. Es ist zu bezweifeln, dass ein anderer Spielehersteller auch nur annähernd 2,5 Milliarde Dollar aufbringen kann. Es ist ein Pokerspiel – Fifa hat die Marke, EA das beliebteste Computerspiel der Welt.

Kein Zweifel, die Marke ist viel wert, weil der Namenszug durch die WM-Turniere weltweit verbreitet wird. Doch sind die Kosten auch extrem, und für die meisten Fifa-Spiele sind die WM-Turniere allenfalls Beiwerk. Vielleicht wäre die Trennung von Fifa die Chance, dem Spiel endlich mehr Simulationstiefe, neue Features wie Stadionausbau oder Vereinsumfeld zu geben. Wobei hier sicher nicht nur die Fifa gebremst hat, sondern auch EA selbst den Fokus mehr auf FUT mit Bezahlmodus richtet als auf den Karrieremodus.