Die zweite Saison mit dem VfB Stuttgart im Fifa 21 Karrieremodus – wie spielen die Jungen Wilden? Hoher Besuch: Cristiano Ronaldo im Daimlerstadion auf dem Cannstatter Wasen: Ein Satz, der für viele Jahre in Stuttgart vielleicht als grammatikalisch korrekt, aber völlig unrealistisch erachtet wurde. Doch jetzt ist der Superstar des internationalen Fußballs tatsächlich in Schwaben angereist. Piemonte Calcio (alias Juventus Turin) kommt zum Achtelfinal-Hinspiel der Champions League. Mathijs de Ligt, Paulo Dyballa, Koke, Richliarson – die Namen der Italiener lesen sich wie ein Who is Who der Weltstars.
Droht ein Debakel für das junge Team? Mitnichten! Ohne Respekt und Furcht spielt der VfB frisch auf – Gonzalez und Tzolis treffen jeweils zwei Mal, nur Richliarson kann für die Gäste einnetzen.
Cristiano Ronaldo ist so schnell wieder weg aus Stuttgart, wie er kam – gut informierten Kreisen zufolge soll er so verägert gewesen sein, dass er sein Zimmer im Luxushotel Le Meridien gar nicht mehr betreten hat und per Privatjet vom Flughafen Stuttgart auf den Fildern nach Hause flog, ohne ein Wort zu sprechen. Stuttgart? Kenne ich nicht, will ich gar nicht kennen.
Heute so, morgen so
Nach dieser berauschenden Pokalnacht am Neckar folgt sogleich die Ernüchterung in den nächsten Spielen: Gegen Bayer Leverkusen wirkt das Team gehemmt und verliert 0:1, gegen Hamburg spielt man nur 1:1, gegen Hertha BSC Berlin wird bei Schneetreiben auswärts 3:0 gewonnen. Nach dem 5:1 gegen Fortuna Düsseldorf liegt der VfB auf Platz 4 und darf sich Hoffnungen machen, erneut in die Champions League einzuziehen.
Schlüsselspieler wie Gonzalez, Tzolis, Mount oder die Youngster Friedrich und Elmas verbessern sich kontinuierlich und sind Torgaranten. Und schon wieder kommen zwei Talente aus der Jugend: der 17-jährige Christoph Wolf gilt als „aufregender Mann für die Zukunft“ mit 62er Gesamtstärke, und begeistert Trainer Binkowski vor allem durch seine Vielseitigkeit: Er kann sowohl im linken als auch im rechten sowie im zentralen Mittelfeld agieren. Auch der ebenfalls 17-jährige Däne Daan Kuiper wird von den A-Junioren als Profi verpflichtet, der mit 67er Gesamtstärke als rechter und linker Außenverteidiger einsetzbar ist. Immerhin 5 Nationalspieler stellen die Roten inzwischen.
Bittere Lehrstunde – Cristiano Ronaldos Urschrei
Mit grimmiger Miene steht Cristiano Ronaldo auf dem Platz in Turin, als diese „Stuttgarter“ schon wieder aufmarschieren. Mit der Porsche-Ausfahrt nach Degerloch nach dem Sieg in Stuttgart wurde es nichts im Hinspiel – jetzt sinnt der Portugiese auf Rache! Er wirkt fast so, als wolle er die Spieler mit dem Brustring persönlich auffressen.
Und dann trifft gleich Sebastiano Esposito zum 0:1, der VfB scheint mit 5:1 nach Hin- und Rückspiel sicher im Viertelfinale zu stehen. Doch das VfB-Team ist ausgelaugt von den vielen Spielen, Nicolas Gonzalez wirkt erschöpft. Die Entscheidung von Trainer Binkowski, den 16-jährigen Eden Debreuil ins ZM zu stellen, erweist sich als fatal: Zum ersten Mal zeigt der junge Mann Nerven, die Schaltzentrale fällt aus.
Dyballa gleicht aus, die erste Hälfte übersteht der VfB noch. Doch dann treffen Arthur – und zwei Mal Cristiano Ronaldo, der danach seinen typischen Urschrei-Jubel aufführt. Eden Debreuil schaut ihn mit großen Augen an dabei. 4:1 führt Piemonte, bei den VfB-Spielern sinkt das Herz in die Hosen. Trainer Binkowski dirigiert wild hin und her am Spielfeldrand, die Nerven liegen blank. Kurz vor Schluss würde es zur Verlängerung kommen – als Ronaldo einmal mehr aufs Tor zurennt – und trifft.
Fassungslosigkeit beim VfB-Team. Wie konnte man einen solchen Vorsprung verspielen? „Im Moment will ich keine Worte zu dem Spiel verlieren“, sagt mit grimmiger Miene Trainer Rafael Binkowski gegenüber der Presse.
Erneuter Kampf um die Champions League
Das Abenteuer Champions League ist damit schon wieder vorbei. Mit einigen Tagen Abstand findet Präsident Thomas Hitzlsberger die richtigen Worte: „Wenn uns jemand vor zwei Jahren erzählt hätte, dass wir im Achtelfinale der Champions League stehen, hätte ich diesem Menschen dringend eine psychologische Behandlung angeraten.“
Gegen Hannover 96 schießt sich der VfB den Frust von der Seele, Gonzalez ist wieder in Bestform, 4:2 geht das Spiel aus. Es folgt ein 5:1 gegen den FSV Mainz 05.
Dann geht es zu den Bayern nach München. Großartige Atmosphäre in der Allianz-Arena. Dass ausgerechnet der in Stuttgart zum Star aufgestiegene Benjamin Pavard das 1:0 schießt, mag ein schlechtes Omen gewesen sein. Doch Gonzalez gleicht noch vor der Pause aus. Dann aber zeigen die Bayern im Südschlager, wer Herr im Haus ist. Thomas Müller trifft per Traumvolley, Kante legt nach – und die junge Mannschaft aus Stuttgart bricht in sich zusammen. 7:2 Tore stehen am Ende auf der Anzeigentafel – und Trainer Binkowski wirkt zum zweiten Mal binnen weniger Wochen fassungslos.
Der VfB muss um die erneute Qualifikation für die Königsklasse kämpfen, so viel steht fest. Im nächsten Spiel gibt es nur ein 2:2 gegen Hoffenheim, punktgleich mit Eintracht Frankfurt müssen die Jungen Wilden im Saisonfinale um Platz 4 noch viel Nervenstärke zeigen.
Saisonfinale 2022 – und wir fahren nach Berlin!
Ryan Sessegnon ist kein Lautsprecher auf dem Platz. Der linke Flügelmann kam zu Saisonbeginn 2021/22 für Erik Thomy – und liefert nach seinen Sturmläufen tolle Flanken ab, ohne groß darüber zu reden. Um so überraschter ist die Öffentlichkeit über ein Interview des stillen Sprinters: „Ich genieße die Zeit beim VfB Stuttgart, und die Zusammenarbeit mit Binkowski ist grandios“, sagt er, „ich spüre, dass man meine Arbeit schätzt und gebe alles, um dieses Vertrauen mit guten Auftritten zu rechtfertigen.“
Der Trainer vertraut seiner Mannschaft, auch wenn es nicht läuft. „Ich habe keinen Zweifel, dass wir uns verbessern werden“, sagt er auf einer Pressekonferenz, „bald werden alle sehen, was in uns steckt.“
DFB-Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund
Gelegenheit dazu erhält die Mannschaft direkt im nächsten Spiel: Der BVB ist der Gegner in Dortmund, es geht um den Einzug ins DFB-Pokalfinale! Haaland, Brandt, Sancho, Hummels und Bürki haben den VfB schon oft vorgeführt, sind aber aufgrund ihrer offensiven Spielweise anfällig für Konter.
Und das nutzt das junge Team eiskalt aus. Bereits in der 17. Minute ballert der griechische Nationalstürmer Christos Tzollis einen Ball ins lange Eck, Nicolas Gonzalez schiebt in der 21. Minute einen hinterher: Doppelschlag zur Führung! Ungläubig schaut der zweimal einfach umkurvte Ex-Nationalspieler Mats Hummels auf die „Wand“ von schweigenden BVB-Fans: Was passiert denn da?
Lange Zeit zum Nachdenken hat das Team nicht – Christos Tzollis läuft allen davon und netzt noch vor der Pause zwei weitere Male ein. 0:4 liegt der BVB hinten, als Haaland mit leerem Blick in die Kabine mit seinen Teamkollegen marschiert. Die gut 4000 aus Stuttgart mitgereisten Fans singen lautstark „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ Erinnerungen an die Finalteilnahmen 2007 und 2013 werden wach – oder gar an den Pokalsieg 1997.
Zwar gelingt Eden Hazard nach der Pause der Anschlusstreffer. Doch den folgenden Ansturm von Haaland, Reus und Sancho auf das VfB-Tor pariert Gregor Kobel. Mit mehreren Wahnsinnsparaden treibt er die schwarz-gelben Angreifer zur Verzweiflung. Einen Aufreger gibt es noch, als das Spiel eigentlich schon entschieden ist: In der 90. Minute rempelt der ansonsten souveräne neue Rechtsaußenverteidiger Brandon Williams Haaland an der Strafraumgrenze um: Elfmeter für Dortmund! Der junge Norweger verwandelt mit einem gefühlvollen Heber. Doch kurz darauf ist Schluss: Der VfB fährt nach Berlin! „Es war ein spektakulärer Sieg, aber wir müssen uns aufs Finale konzentrieren“, sagt Trainer Binkowski.
Rückschlag nach dem Pokalrausch
Doch wie so oft folgt beim VfB auf die Euphorie die Ernüchterung. Am 31. Spieltag kommt der SC Freiburg, der Rivale aus dem badischen Landesteil von Baden-Württemberg. Die schwächste Offensive der Liga – angesichts der Belastungen des unterwöchigen Pokalspiels lässt Binkowski kräftig rotieren. Mount, Tzolis, Mavropanos, Sessegnon und Wamangituka bleiben außen vor. Die Beine der VfB-Mannen sind dennoch müde. Zur Halbzeit steht es plötzlich 2:0 für die Freiburger im eigenen Stadion. Gonzalez wirkt ausgelaugt und verfehlt zwei Mal aus nächster Nähe. Erst in der 73. Minute geling ihm der Anschlusstreffer, zu spät.
Die unnötige Niederlage erweist sich als fatal. Denn Eintracht Frankfurt gewinnt parallel, der VfB rutscht auf den 6. Platz der Tabelle ab, Leverkusen schiebt sich vor die Stuttgarter. Der Champions-League-Platz 4 ist plötzlich ganz weit weg. Coach Binkowski räumt Fehler ein: „Vielleicht hätte ich gegen Freiburg die erste Elf auflaufen lassen sollen, trotz Pokalbelastung.“
Sturmlauf zum Ende – reicht es doch noch?
In den nächsten Spielen versucht das VfB-Team alles, um den Anschluss nach oben nicht zu verlieren. Gegen den 1. FC Köln verwandelt Mason Mount einen Freistoß aus 24 Metern traumhaft – und trifft so in die Fußstapfen von Daniel Didavi. 5:2 werden die Geißböcke deklassiert. Nicolas Gonzalez jagt als Anführer der Torschützenliste den historischen Rekord mit 40 Toren von Gerd Müller aus dem Jahr 1972.
In einem weiteren „Wahnsinnsspiel“ gegen FC Schalke 04 mit dem unfassbaren Ergebnis von 5:3 für den VfB ist es dann so weit: Nicolas Gonzalez schießt sein 41. Tor – und trägt sich in die Geschichtsbücher der Bundesliga ein. Am letzten Spieltag 2021/22 ist der VfL Wolfsburg zu Gast – auch hier geht es wild hin und her. Brandon Williams schießt sein erstes Tor im weiß-roten Trikot, ebenso wie der 19-jährige Lilian Egloff. Doch es nutzt alles nichts: Zwar überholt der VfB Leverkusen mit 65 Punkten, doch Fankfurt gewinnt das letzte Saisonspiel und sichert sich mit 68 Zählern den Platz 4, der für die Champions League qualifiziert.
„Natürlich hätten wir uns mehr gewünscht“, sagt der VfB-Präsident Claus Voigt, „aber im schwierigen zweiten Jahr nach dem Aufstiegt erneut vorne mitzuspielen und in die Europa League einzuziehen, ist absolut respektabel.“
DFB-Pokalfinale gegen Borussia Mönchengladbach
Und die Jungen Wilden haben ja noch die Chance, die Saison mit dem DFB-Pokal zu krönen. Das Berliner Olympiastadion mit seiner blauen Laufbahn um das Feld ist Schauplatz des letzten Saisonspiels. Jan Sommer, Marcus Thuram, Jonas Hoffman, Anton Sanabria laufen mit breiter Brust für die Gladbacher ein. „Wir wollen uns diesen Titel nicht nehmen lassen“, sagt VfB-Trainer Binkowski unmittelbar vor dem Spiel.
Doch dann der Schock: Gleich in der 4. Minute setzte sich Marcus Thuram am Strafraum durch und verwandelt einen Volley: 0:1 steht es. Doch Nicolas Gonzalez setzt gleich einen Treffer dagegen – und legt in der 42. Minute noch einmal nach. Er strahlt absolute Entschlossenheit aus und reißt damit sein Team mit. Tanguy Coulibaly entscheidet kurz vor Schluss mit einem schönen Sprint das Spiel: 3:1. Als der Schlusspfiff ertönt, fällt Gonzalez flach auf den Rücken und ist überwältigt von diesem Moment.
Wenig später reckt Kapitän Konstantinos Mavropanos den DFB-Pokal in den Berliner Nachthimmel, aus Tausend Kehlen ertönt ein Jubelschrei: Der VfB erringt erstmals seit der Meisterschaft vor 15 Jahren (2007) wieder einen Titel, 25 Jahre nach dem Pokalsieg 1997. „Wenn es mal schlecht läuft, sollten wir uns alle an diesen Tag erinnern“, sagt ein aufgekratzter Trainer Binkowski.
Saisonbilanz und Umbruch
So findet die Saison ein gutes Ende. Das Team hat sich überall verstärkt, Ryan Sessegonon (82 Stärke), Benjamin Friedrich (81, Mason Mount (86), Nicolas Gonzalez (84) haben sich um je vier Stärkepunkte gesteigert, Christos Tzolis (79) macht mit 6 Punkten den größten Sprung, gefolgt von Sebastiano Esposito (75 Stärke, plus 5).
Endo und Anton verlassen den Verein
Früher als erwartet vollzieht sich der Umbau der Innenverteidiger-Reihe. Denn sowohl für den inzwischen 29-jährigen Japaner Waturo Endo kommt mit 12,9 Millionen Euro vom FC Getafe als auch für den 25-jährigen Waldemar Anton, der seinen Wert von 78 nicht mehr steigern konnte, gibt es mit 16 Millionen Euro von Arsenal London gute Angebote. Die knapp 29 Millionen Euro Transferüberschuss können in der nächsten Saison verwendet werden, um einen starken Innenverteidiger zu holen, der die vielen Abwehrtalente an die Stammelf hinführen soll. Die Scouts begeben sich schon jetzt auf die Suche!