Die gute Stimmung auf dem Cannstatter Wasen durch die Erfolge nach zehn Spieltagen wird jäh getrübt: Die UEFA hat sich mit Lizenzstreitigkeiten des als Verstärkung im Mittelfeld gekauften Spielers Fran Beltran zu Wort gemeldet. Wegen formaler Verstöße wurde der Transfer rückgängig gemacht. Da der Transfermarkt bereits geschlossen ist, kann der VfB keinen Ersatz mehr verpflichten und muss ohne den starken Spielmacher auskommen.
Weiteres Ungemach gibt es bei dem Wunderstürmer Daniel Kraft, der mit 16 Jahren als der nächste Lionel Messi galt. Doch aus heiterem Himmel erklärte der junge Mann seinen Rücktritt vom Profisport und nutzte die letzte Gelegenheit, um die Frist zum Rücktritt von seinem Vertrag zu erfüllen. „Ich will mein Abitur machen und Empirische Kulturwissenschaft studieren“, erklärte er den verdutzten Vereinsoberen, „Fußball ist mir zu anstrengend.“ Vielleicht ist ihm der Hype in den Medien zu Kopf gestiegen.
Es fehlt ein vierter Stürmer
So fehlt dem VfB auch noch ein vierter Stürmer, Kraft war als Stammkraft fest eingeplant. In einer Krisensitzung haben Vorstand Thomas Hitzelsberger, Sportdirektor Sven Mislintat und der Trainer Rafael Binkowski beschlossen, jetzt noch stärker auf die Jugend zu setzen.
Die Lösung überrascht alle: Per Ausnahmeregelung – weil die UEFA selbst zu spät eingegriffen hat, darf der VfB aber doch den 20-jährigen Mittelfeldspieler Eljif Elmas (ZM, 72) aus Nordmazedonoien vom SSC Neapel verpflichten. Das technisch begabte Talent zeigt großes Potenzial und kann die Lücke im Mittelfeld schließen.
Zudem dürfen Benjamin Friedrich (17) und Lucas de Bruijn (17) aus der VfB-Jugend in die erste Reihe – damit steht wohl das jüngste Team in der Geschichte der Bundesliga auf dem Platz. „Wir machen aus der Not eine Tugend“, sagt Trainer Rafael Binkowski.
Wie wird das junge Team diese Turbulenzen wegstecken?
(Der wahre Grund für die Krise ist, dass EA den Spielstand nach dem Update von Fifa 21 gelöscht hat – und ich die VfB-Karriere neu simulieren musste bis zum 10. Spieltag. Der Transfere von Beltran ließ sich nicht wiederholen – und natürlich gibt es neue Jugendspieler. Aber die sind sogar besser als die alten …)
Winterpause: Wer soll für 10 Millionen Euro noch kommen?
Nach 17 Spieltagen gleicht die Entwicklung des VfB Stuttgart einer Achterbahnfahrt. Eine krachende 1:5-Niederlage zu Hause gegen Union Berlin, in Dortmund steht es nach 30 Minuten schon 3:0 für den BVB durch Tore von Haland und Sancho, ehe Nicolas Gonzalez zu eine Sturmlauf ansetzt und das junge Team sensationell 5:3 auswärts gewinnt. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, das liegt bei den Jungen Wilden direkt nebeneinander. Zur Winterpause ist dennoch ein sensationell guter Platz 3 am Ende drin.
Nun stellt sich die Frage: Wie soll das Restbudget von 10 Millionen Euro noch investiert werden? Im Sturm und im ZM wäre noch Verstärkung wichtig – zumal Didavi zwar als Techniker im Sturm brilliert, aber mit 30 Jahren nicht mehr der schnellste ist. Binkowski will ihn langfristig ins Mittelfeld stellen – ein junger Stürmer tut also noch not.
Der Stuttgarter Jugendstil kommt an
Die Jungspieler wie Tanguy Coulibaly sind vom neuen Stuttgarter Jugendstil begeistert. „Ich bin angenehm überrascht, wie oft ich hier zum Einsatz komme“, sagt der junge Franzose einem Reporter. Lucas de Bruin hingegen wäre gerne öfter in der Startelf, auch Darko Churlinow sieht sich auf dem Abstellgleis und beschwert sich.
Und der 20-jährige Nordmazedonier Eljif Elmas trifft zwei Mal beim spektakulären 3:3 gegen Gladbach. Sogar der eigentlich aussortierte Darko Churlinow darf in diesem Spiel auflaufen steuert dabei das entscheidende Tor zu. Ob er sich doch noch durchsetzen wird unter den anderen Jungen Wilden?
Die Flügelspieler Thommy und Wamangituka begeistern durch ihren Speed kommen regelmäßig selbst zu Torabschlüssen. Dahinter stehen de Bruijn, Egloff, Cisse breit. In der Abwehr kann Clinton Mola sich als Ersatz-Außenverteidiger etablieren.
Im letzten Spiel vor der Winterpause kommt das Sturmtalent Sebastiano Esposito beim 2:0 gegen den 1. FC Köln zu seinem ersten Tor im Brustring-Trikot. Er würde gerne als Stammkraft im Sturm gesetzt sein.
Weil der Waliser Kai Morgans damit droht, die A-Junioren zu verlassen, wird der 61er LM-Mann mit 17 Jahren ebenfalls Mitglied der Profimannschaft. Der 15-jährige Eden Dubreuil im Nachwuchs könnte langfristig ebenfalls aufsteigen.
Altstars mit unterschiedlichen Perspektiven
Bei den Altvorderen wird der Vertrag mit Daniel Didavi verlängert, der eine absolute Stütze des Teams ist, während der immer langsamer sprintende 31-jährige Ex-Bayern- und Nationalspieler Holger Badstuber im Winter für 1,15 Millionen Euro an den FC Basel verkauft wird. Er kam zuletzt kaum noch zum Einsatz, weil Endo, Kempf, Anton und Mavropanos als Innenverteidiger mit Potenzial gesetzt sind.
Auch Gonzalo Castro (33) darf noch ein Jahr bleiben, seine Erfahrung als Mittefeldregisseur helfen den jungen ZM-Spielern Elmas und Friedrich, die sich auf 74 und 75 gesteigert haben.
Nicolas Gonzalez hat seine Formkrise endgültig überstanden und im November sogar zum Spieler des Monats gewählt – was ihn sichtlich stolz macht.
Positive Zwischenbilanz – aber wer soll kommen?
Die Vereinsführung um Thomas Hitzelsberger und Sven Mislintat ist mehr als zufrieden mit der Bilanz: Die jungen Spieler werden stärker, zeigen Leidenschaft, und die Ergebnisse überzeugen trotz mancher Einbrüche.
Doch jetzt die spannende Frage: Wer soll für 10 Millionen Euro maximal ins ZM oder den Sturm als Verstärkung kommen?